IS-Kämpfer Sami J.: "Der lacht wie ein Jude"




















Der Solinger Sami J. war Mitglied bei der islamistischen Kameradschaft "Millatu Ibrahim". Als Kameramann half er den Salafisten ihre Propaganda zu verbreiten. Nun soll er in Syrien als Kämpfer des IS getötet worden sein.

"Usaid"

"Bis der Kopf fliegt" lautete die trotzige Parole unter den damaligen Mitgliedern von "Millatu Ibrahim", einer militanten Gruppe von Salafisten in Solingen. Sie reagierten damit auf den angeblich repressiven deutschen Staat, der ihre "Dawa" auf den Straßen der Republik systematisch zu untergraben versuchte. Und die Medien, die sie in ihrer Berichterstattung nur schlecht darstellen und Lügen über sie verbreiten würden.

Angeführt von Mohamed Mahmoud, einem verurteilten Anschlagsplaner aus Österreich, versammelten sich in Solingen zwischen 2011 und 2012 die wohl gefährlichsten Islamisten aus ganz Deutschland. Christian E. und Robert B. zum Beispiel, die beiden Freunde, die bereits 2011 in Großbritannien wegen Terrorpropaganda inhaftiert worden waren. Oder Ahmad A.-G. und sein Vater Youssef, der "Manager" von "Millatu Ibrahim", die beide später in einem IS-Propagandavideo als Hauptdarsteller auftauchen sollten. Hasan K., der Mann hinter Mohamed Mahmoud, der im letzten Jahr vor der Polizei ins Ausland geflohen sein soll. Oder auch Denis Cuspert, Ex-Rapper und Gesicht der Gruppe.

Fanatischer Anhänger von "Millatu Ibrahim" war auch Sami J., den sie in Solingen alle "Usaid" genannt hätten und der zeitweise "Finanzchef" der Gruppe gewesen sein soll. Der Mann, unverwechselbar wegen seines herunterhängenden linken Augenlids und der Kamera in seiner Hand, gehörte zu den auffälligsten Propagandisten wie Reda Seyam, Bernhard Falk, Florian L. oder Sabri B. A. So auch beim "Lies!"-Projekt des Predigers Ibrahim Abou Nagie, das in zahlreichen deutschen Städten kostenlos Korane an Passanten verteilte. 

Im April 2012 filmte Sami J. in Wuppertal seine Freunde bei ihren Missionierungsversuchen in der Innenstadt. Er verhielt sich dabei auffällig aggressiv, vor allem gegenüber Medienvertretern, wie es später auf Youtube zu sehen sein ist. "Kostenlose Werbung für uns. Möge Allah ihn rechtleiten oder vernichten", zischte er gegenüber Journalisten in das Kamera-Mikrofon. Beim Anblick eines RTL-Journalisten sagte er zu seinem Mitstreiter Hasan K.: "Der lacht wie ein Jude. Guck dir das mal an. Der ist wie ein Jude, wie ein Jude." Keskin versuchte daraufhin seinen Schützling immer wieder zu beruhigen. "Wir lassen uns nicht provozieren."

Einem SPIEGEL-TV-Reporter, der sich mit seinen investigativen Berichten zur Szene bei den Anhängern einen entsprechenden Ruf erarbeitet hatte, ließ Sami J. damals eine unmissverständliche Warnung zukommen. Am "Lies!"-Stand in Wuppertal tauchte der Journalist gemeinsam mit einem Kamera-Team auf, um die Gruppe von Missionaren nach ihren Motiven zu befragen. Sami J. filmte ihn bei seinen Dreharbeiten und fertigte später mit Hilfe seiner Kameraden bei der Videobearbeitung eine Art Steckbrief zu ihm an: "Name: Unbekannt. Mushrik Kafir. Steht im Dienste von: SPIEGEL TV. Charakterisierung: Hinterhältiges und falsches Lächeln, nickt ständig mit Kopf, unehrliches und lügenhaftes Gesicht, Hochnäsigkeit, respektlos, hat ständig die Hände in der Tasche, provokativ."

Getötet in Raqqa

Wenige Wochen später, im Mai 2012, beteiligte sich Sami J. als Kameramann bei einer Gegendemonstration von mehreren hundert Islamisten gegen die rechtsextreme "Pro NRW" in Solingen, bei der die gefährliche Stimmung in der Szene deutlich sichtbar. Die Eskalation folgte nur Tage später in Bonn, als bei einer erneuten Demonstration gewaltbereiter Salafisten zwei Polizisten durch eine Messerattacke schwer verletzt wurden. Der Staat schlug zurück und ließ nur ein paar Wochen später "Millatu Ibrahim" verbieten. Es kam zu großangelegten Razzien der Polizei. Auch die Wohnung von Sami J. im Solinger Stadtteil Wald wurde damals durchsucht, Computer und Geld beschlagnahmt.

Danach folgte die große Ausreisewelle. Zahlreiche Anhänger aus Solingen setzten sich im Laufe 2012 nach Ägypten ab, auch Sami J. Laut "RP Online" soll J. später noch einmal nach Solingen zurückgekehrt sein und mitsamt seiner Frau und einem einjährigen Kind nach Syrien aufgebrochen sein.

In Aleppo soll sich Sami J. dann bei einem Autounfall schwere Verletzungen zugezogen haben, die er in der Südtürkei in einem Krankenhaus behandeln ließ. Laut einem Bericht des "Solinger Tageblatts" kehrte J. sogar 2014 noch einmal nach Deutschland zurück und ließ sich dort am Auge operieren. Erst 2016 und trotz Überwachungsmaßnahmen der Polizei gelang es dem Islamisten erneut nach Syrien auszureisen. Zu dieser Zeit waren schon einige seiner Solinger Kameraden wie Usman A., Dhirar J. und Robert B. schon tot. Führungsfiguren wie Denis Cuspert, Mohamed Mahmoud, Christian E. und Ahmed A.-G. kämpften jedoch nach wie vor für den IS. Wie diese wird wohl auch Sami J. bei der IS-Propaganda mitgeholfen haben. Am Montag schließlich meldeten IS-Kanäle seinen Tod im syrischen Raqqa.