IS-Propaganda: Der Kameramann

Reda Seyam war ein deutscher Pionier der dschihadistischen Propaganda. Ob in Deutschland, in Bosnien oder auf Bali: Der aus Ägypten stammende 56-Jährige widmete sein Leben dem Dschihad. 2012 verschlug es ihn nach Syrien. Erst als Kameramann des katarischen Fernsehsenders "Al-Jazeera", filmte Seyam dann den Blutrausch der Vorläufergruppen des "Islamischen Staates" (IS). Das zeigen nun Filmaufnahmen aus dem Jahr 2013.

Der katarische Fernsehsender "Al-Jazeera" galt lange Zeit als vorbildliches Medium in Sachen neutrale Berichterstattung. Mit dem Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs und der ägyptischen Revolution, war damit jedoch Schluss. Der Sender ergriff klar Partei für islamistische Oppositionsgruppen: In Ägypten berichtete er wohlgesonnen über die Muslimbrüder, in Syrien subsumierte er gleich alle Rebellen unter das Label der sich selbst verteidigenden Freiheitskämpfer und das trotz der Tatsache, dass tausende ausländische Jihadisten in das Land geströmt waren.

Der Grund dafür war wohl vor allem, dass der Sender die sektiererische Außenpolitik seines Monarchen und Besitzers zum Ausdruck brachte und dabei alle Regeln der journalistischen Sorgfaltspflicht über Bord warf. In Syrien setzte er bei seiner Berichterstattung auf Aktivisten, obwohl sie offensichtlich mit einer Partei oder Rebellengruppe sympathisierten.  Sie wurden vom Sender mit Kameras ausgestattet und erhielten somit die Gelegenheit ihre Sicht der Dinge in Bezug auf den Konflikt vor einem Millionenpublikum zu propagieren.

So konnte es wohl auch dem aus Berlin stammenden Dschihadisten Reda Seyam gelingen, die für "Al-Jazeera" beauftragen Oppositionspropagandisten Noori und Milad Fadel als Kameramann zeitweise zu begleiten und für sie sogar zu arbeiten. Als im August 2013 ein Konglomerat von islamistischen Rebellengruppen - unter anderem der "Islamische Staat im Irak und der Levante" (ISIL), "Junud ash-Sham" und die Nusra Front - das alawitische Kernland in der Provinz Latakia überfiel und dabei hunderte Zivilisten umbrachte, reiste Seyam mit den beiden Syrern im Anhang mit.

Reda Seyam als Kameramann in Idlib

Auf dem arabischen Kanal von "Al-Jazeera" erschienen am 10. August dann Bilder von Seyam mit einer Kamera, vor ihm der als Journalist getarnte Aktivist Noori Fadel, der von der Offensive der Extremistengruppen berichtete. Am 11. August hielt der Berliner das Mikrofon einem Rebellen unter die Nase, diesmal sogar zu sehen in einem Beitrag des englischsprachigen Ablegers von "Al-Jazeera".

Was Reda Seyam danach machte, bleibt im Dunkeln. Offenbar reiste er in den folgenden Monaten  weiter als Kameramann durch syrische Provinzen wie Idlib und Aleppo. Der Autor hielt es 2015 in einem Beitrag für wahrscheinlich, dass Seyam auch Kriegsverbrechen der Dschihadisten für Propagandazwecke gefilmt haben könnte. Das hatte er laut seiner früheren Ehefrau bereits in Bosnien getan und der Verdacht scheint sich nach Sichtung von altem Filmmaterial zu bestätigen.

Im November 2013 hielt sich Seyam offenbar in einer Kleinstadt im Südwesten von Aleppo auf und filmte ein Massaker des ISIL. Auf einem öffentlichen Platz in der Stadt wurden damals Kämpfer der Dschihadistengruppe "Ghuraba ash-Sham" hinterrücks erschossen. Sie hätten für das Assad-Regime spioniert, warf ihnen der ISIL vor.

Seyam stolzierte vor und während der Hinrichtung mit seiner Kamera auf dem Platz herum und filmte jedes blutige Detail. Später wurden die Getöteten an den Füßen aufgehängt und öffentlich zur Schau gestellt, schließlich auf eine Mülldeponie geworfen.

Der altgediente Dschihadist Seyam wurde später Bildungsminister beim IS. Als Minister des selbsternannten Kalifen Abu Bakr al-Baghdadi passte Seyam die Bereiche Bildung und Kultur der extremistischen Doktrin im Herrschaftsbereich des IS an. Er ließ "unislamische" Universitätsfakultäten in Mosul und Rakka schließen, widerspenstige Lehrer und Professoren verfolgen und ordnete die Zerstörung archäologischer Denkmäler in Syrien und Irak an