Sabri B. A. war jahrelang ein gern gesehener Gast in der Salafisten-Szene. Ob bei Ständen von "Lies!", auf Islamseminaren oder bei sog. Benefizveranstaltungen für Syrien: Überall war der Kölner mit seiner Kamera dabei und filmte für propagandistische Zwecke. Nach und nach erwarb sich B. A. in der Szene den Status einer Art Kultfigur. Doch nun scheint alles vorbei zu sein. Sabri B. A. bekennt sich offen zum neu gegründeten Kalifat des sog. Islamischen Staates (IS). Schon seit einigen Monaten nutzt er seine Kenntnisse in Grafikdesign und Videobearbeitung, um gegen alle zu hetzen, die sich nicht dem Diktat der Miliz unterwerfen wollen.
Der kreativste Propagandist in der Szene
Wenn Sabri B. A. irgendwo in der deutschen Salafisten-Szene auftauchte, scharten sich die jungen Leute um ihn. Er war ein kleiner Star unter den Islamisten. Nicht nur seine markant hohe Stimme erkannten die Leute sofort. Wenn der Kölner eine Kamera in seiner Hand hielt, konnten die schon Umstehenden erahnen, das es an diesem Tag wieder hoch hergehen würde.
Und dazu kam es dann auch in der Regel. Dem Deutsch-Tunesier war keine Aktion zu peinlich, um die Aufmerksamkeit seiner Anhänger sowie von Medien und Passanten auf sich zu ziehen. Wie ein Regisseur dirigierte er Szene-Jünger auf der Straße, führte Journalisten in Interviews vor und spielte zugleich den harmlosen Lausebub von nebenan. Seine wahren Ambitionen und seine große Nähe zum islamistisch-militanten Lager zeigte Ben Abda vor allem dann, wenn er am heimischen Computer das seinerzeit wohl kreativste Propagandamaterial der Szene entwarf.
Mithilfe von Bildbearbeitungsprogrammen wie "Photoshop" produzierte der heute 35-Jährige seit Ende der 2000er Jahre aus seinen abgedrehten Videos Propagandamaterial wie am Fließband und prägte damit jahrelang wie kein zweiter die Medienlandschaft der salafistischen Szene. Seine Arbeiten knüpften vor allem an die Populärkultur internetaffiner Jugendlicher an. Ob gestellte Kurzdokumentationen über "rechtgeleitete" Kriminelle, Interviews mit führenden Predigern und neuen Rekruten oder als "Faktenchecks" verkaufte Weltverschwörungsszenarien: Sabri B. A. versuchte ein breites Themenspektrum abzudecken.
"Jetzt ist genug!"
"Jetzt ist genug!"
Beißender Humor und islamistische "Satire" gehörten bei seiner Arbeit stets dazu. Das kam bei der Jugend gut an, bei Teilen der militanten Szene - vor allem die Leute von Millatu Ibrahim - provozierte der Kölner auch Kritik. Die meisten störten sich daran, dass Sabri B. A. in seiner Propaganda und auch gegenüber Journalisten kein Blatt vor den Mund nahm. Auch nicht, wenn es um "Brüder im Glauben" ging.
Die späteren IS-Kämpfer Christian E. und Robert B., die 2011 in Großbritannien mit Anschlagsplänen im Gepäck festgenommen und verurteilt worden waren, bezeichnete Sabri B. A. als "Agenten" und "Spione". Auch Murat K., der bei den Bonner Protesten 2012 gegen Mohammed-Karrikaturen zwei Polizisten niedergestochen hatte, bezeichnete B. A. als "Agenten", der vom Staat bezahlt worden sei, um die "Muslime in ein schlechtes Licht zu rücken". Da platzte sogar dem damaligen Chefideologen von "Millatu Ibrahim", Mohamed Mahmoud, der Kragen. "Das reicht lieber Bruder, jetzt ist genug!", rief er ihm zu.
Doch Sabri B. A. unterschied sich von den militanten Salafisten auch nur in seinem pubertären Habitus. Auf Kanälen wie "Der Informierer", "Sabrifilms", "Independet Journalists" oder "Habibiflo" kritisierte er die Außenpolitik westlicher Staaten vor allem im Nahen Osten und in Asien. Egal was in Palästina, im Irak, in Afghanistan oder in nordafrikanischen Staaten passierte: für ihn galten die "Kreuzritter" aus den USA und Europa als die Ursache allen Übels. Dieses für die salafistische Szene häufig bemühte Motiv (welches aufgrund historischer Faktenlage freilich nicht jeglicher Grundlage entbehrt), verband B. A. geschickt mit Anspielungen auf den bewaffneten Dschihad. Er rief die Muslime dazu auf sich gegen die Unterdrückung durch die "Kuffar" und Schiiten zu wehren, sonst drohe für jeden einzelnen großes Ungemach.
Sabri B. A.'s propagandistische Ambitionen wurden nach dem Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs deutlicher denn je. In zahllosen Medienproduktionen mit teils grausam inszenierten Kriegsbildern, versuchte er die Emotionen beim Zielpublikum hochkochen zu lassen. Dies geschah auf "Islamseminaren", "Benefizveranstaltungen" von Organisationen wie "Helfen in Not", bei Treffen in kleinerer Runde oder auch direkt vor dem Eingang eines Gefängnisses. Ob IS-Kämpfer Riza Y. aus Frankfurt, Munir I. aus Pforzheim oder der kürzlich festgenommene Bielefelder Syrien-Rückkehrer Tarik S.: sie alle hatten vor ihrer Ausreise in den Dschihad mit Sabri B. A. immer wieder zu tun gehabt.
Die späteren IS-Kämpfer Christian E. und Robert B., die 2011 in Großbritannien mit Anschlagsplänen im Gepäck festgenommen und verurteilt worden waren, bezeichnete Sabri B. A. als "Agenten" und "Spione". Auch Murat K., der bei den Bonner Protesten 2012 gegen Mohammed-Karrikaturen zwei Polizisten niedergestochen hatte, bezeichnete B. A. als "Agenten", der vom Staat bezahlt worden sei, um die "Muslime in ein schlechtes Licht zu rücken". Da platzte sogar dem damaligen Chefideologen von "Millatu Ibrahim", Mohamed Mahmoud, der Kragen. "Das reicht lieber Bruder, jetzt ist genug!", rief er ihm zu.
Doch Sabri B. A. unterschied sich von den militanten Salafisten auch nur in seinem pubertären Habitus. Auf Kanälen wie "Der Informierer", "Sabrifilms", "Independet Journalists" oder "Habibiflo" kritisierte er die Außenpolitik westlicher Staaten vor allem im Nahen Osten und in Asien. Egal was in Palästina, im Irak, in Afghanistan oder in nordafrikanischen Staaten passierte: für ihn galten die "Kreuzritter" aus den USA und Europa als die Ursache allen Übels. Dieses für die salafistische Szene häufig bemühte Motiv (welches aufgrund historischer Faktenlage freilich nicht jeglicher Grundlage entbehrt), verband B. A. geschickt mit Anspielungen auf den bewaffneten Dschihad. Er rief die Muslime dazu auf sich gegen die Unterdrückung durch die "Kuffar" und Schiiten zu wehren, sonst drohe für jeden einzelnen großes Ungemach.
Sabri B. A.'s propagandistische Ambitionen wurden nach dem Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs deutlicher denn je. In zahllosen Medienproduktionen mit teils grausam inszenierten Kriegsbildern, versuchte er die Emotionen beim Zielpublikum hochkochen zu lassen. Dies geschah auf "Islamseminaren", "Benefizveranstaltungen" von Organisationen wie "Helfen in Not", bei Treffen in kleinerer Runde oder auch direkt vor dem Eingang eines Gefängnisses. Ob IS-Kämpfer Riza Y. aus Frankfurt, Munir I. aus Pforzheim oder der kürzlich festgenommene Bielefelder Syrien-Rückkehrer Tarik S.: sie alle hatten vor ihrer Ausreise in den Dschihad mit Sabri B. A. immer wieder zu tun gehabt.
Der hatte nämlich zwischen 2013 und 2014 selbst mehrere Reisen nach Syrien unternommen. Mit "Helfen in Not" und dem von Mirza T. B. (auch genannt "Bruder Timur") geführten Verein "Organisation für Frieden und Hilfe" (OPH), hielt er sich mehrere Wochen in den Kriegs- und Herrschaftsgebieten radikaler Islamistengruppen in Idlib und Aleppo auf. Dort drehte er eine Vielzahl von Propagandavideos und versuchte dabei das Leben in "Sham" zu glorifizieren.
"Hör' auf Fitna zu stiften"
Mit der Ausrufung Abu Bakr al-Baghdadis zum Kalifen, stellte sich Sabri B. A. demonstrativ auf die Seite des IS. Während sich seine Freunde und langjährigen Weggefährten wie Sven Lau, Pierre Vogel oder Ibrahim Abou Nagie noch abwartend verhielten, war für B. A. mit dem Kalifat das eigentliche Ziel des Dschihads in Syrien erreicht. In zahlreichen Diskussionen mit Leuten aus der Szene soll der Kölner seine Position aggressiv vertreten haben.
Viele seiner Bekannten und Freunde wandten sich daraufhin von ihm ab und erklärten ihn wegen seiner Argumente für verrückt oder als "Takfiri" (Übertreiber). Er sehe nicht ein, so ein häufiger Vorwurf, dass der IS die "Mujahedin" von Jabhat al-Nusra und Co. in ihrem Kampf gegen Diktator Assad fundamental schwächen würde. Für Sabri B. A. schien die Sache aber klar zu sein. Jeder, der sich gegen die Idee des IS-Kalifats stellen würde, verrate das vermeintliche Ziel des Islams: Die Weltherrschaft des Islam und die Abschaffung aller demokratischen und säkularen Regime.
Durch seine Verbannung aus der ersten Reihe der deutschen Salafisten, zog sich Sabri B. A. weitgehend aus der salafistischen Öffentlichkeit zurück und ging zugleich in die anonyme propagandistische Gegenoffensive über. Vor allem auf "Facebook" und "Telegram" startete er ein halbes Dutzend Seiten, auf denen er fast jeden Tag Bilder und Videos veröffentlichte. Bekanntere darunter hießen bzw. heißen "SBAmedia", "Dawa Pics" oder "Good Propaganda".
Durch seine Verbannung aus der ersten Reihe der deutschen Salafisten, zog sich Sabri B. A. weitgehend aus der salafistischen Öffentlichkeit zurück und ging zugleich in die anonyme propagandistische Gegenoffensive über. Vor allem auf "Facebook" und "Telegram" startete er ein halbes Dutzend Seiten, auf denen er fast jeden Tag Bilder und Videos veröffentlichte. Bekanntere darunter hießen bzw. heißen "SBAmedia", "Dawa Pics" oder "Good Propaganda".
"Dawa Pictures" |
Den Erfahrenen unter den Salafisten war stets klar, wer sich hinter diesen Seiten verbarg. Privat soll man in der Szene darüber diskutiert haben, wie auf B. A.'s Provokationen reagiert werden sollte. Einig war man sich darin, dass der Streit mit dem Kölner erstmal eine interne Angelegenheit bleiben sollte. Andere suchten das direkte Gespräch mit dem ehemaligen Freund und versuchten ihn von seiner "Ghiba" (üble Nachrede) gegen "Brüder" und der "Fitna" (Zwietracht sähen) abzubringen.
Doch B. A. kümmerten die Vermittlungsversuche seiner Szene-Kollegen offenkundig wenig. Vielmehr überschüttete er mit seiner Propaganda Prediger, Vereine und andere Salafisten mit Häme und Spott. Besonders auf Pierre Vogel schoss er sich ein und kritisierte ihn dafür, dass er sich von den IS-Anschlägen in Paris und Brüssel öffentlich distanziert hatte. Mediation half also bei Sabri B. A. nicht weiter.
Die Geduld sei irgendwann zu Ende, hieß es dann in einem Blogbeitrag zu B. A. auf der "Facebook"-Seite "Muslim Mainstream" im April dieses Jahres. "Es haben mehrere versucht mit ihm vernünftig zu reden, wir wollten ihn auch bei einem muslimischen Arzt einweisen lassen, doch zwecklos", so der Autor der Seite, zu dessen Team auch der Kölner einmal gehört hatte. Sabri, so "Muslim Mainstream", ziehe die Prediger in den Dreck, die gegen den IS seien. Mit ihm reden nütze nichts. Und man könne es nicht mehr mitansehen, was der Kölner auf seinen Seiten fabriziere. "Zieh dich zurück und hör' auf Fitna zu stiften. Dieses Land ist sowieso außer Kontrolle, wenn es um Islam geht. Da brauchen wir keinen weiteren Unruhestifter."
Doch B. A. kümmerten die Vermittlungsversuche seiner Szene-Kollegen offenkundig wenig. Vielmehr überschüttete er mit seiner Propaganda Prediger, Vereine und andere Salafisten mit Häme und Spott. Besonders auf Pierre Vogel schoss er sich ein und kritisierte ihn dafür, dass er sich von den IS-Anschlägen in Paris und Brüssel öffentlich distanziert hatte. Mediation half also bei Sabri B. A. nicht weiter.
Die Geduld sei irgendwann zu Ende, hieß es dann in einem Blogbeitrag zu B. A. auf der "Facebook"-Seite "Muslim Mainstream" im April dieses Jahres. "Es haben mehrere versucht mit ihm vernünftig zu reden, wir wollten ihn auch bei einem muslimischen Arzt einweisen lassen, doch zwecklos", so der Autor der Seite, zu dessen Team auch der Kölner einmal gehört hatte. Sabri, so "Muslim Mainstream", ziehe die Prediger in den Dreck, die gegen den IS seien. Mit ihm reden nütze nichts. Und man könne es nicht mehr mitansehen, was der Kölner auf seinen Seiten fabriziere. "Zieh dich zurück und hör' auf Fitna zu stiften. Dieses Land ist sowieso außer Kontrolle, wenn es um Islam geht. Da brauchen wir keinen weiteren Unruhestifter."
Doch B. A. denkt offenbar nicht daran sich zurückzuziehen. Stattdessen forciert er die Vernetzung seiner mit anderen deutschsprachigen Propagandaseiten. Und noch eine weitere Beschäftigung scheint der 35-Jährige gefunden zu haben. Er hat sich offenbar mit dem Hildesheimer Prediger Ahmad A. A. ("Abu Walaa") zusammengetan. Davon zeugt der grafisch anspruchsvolle Medienoutput ("Manhaj Media", "Black Cinema"), der derzeit auf den einschlägigen Seiten des Predigers zu beobachten ist.
Abu Walaa, der sich im Internet mit "al-Manhaj" zunehmend bei Salafisten bemerkbar macht, wird ebenfalls dem deutschen IS-Lager zugerechnet. Aus dem Umfeld des DIK Hildesheim, wo der irakisch-stämmige Prediger in der Vergangenheit häufig auftrat, sollen mehr als ein dutzend Personen in den Dschihad nach Syrien gezogen sein.
Abu Walaa, der sich im Internet mit "al-Manhaj" zunehmend bei Salafisten bemerkbar macht, wird ebenfalls dem deutschen IS-Lager zugerechnet. Aus dem Umfeld des DIK Hildesheim, wo der irakisch-stämmige Prediger in der Vergangenheit häufig auftrat, sollen mehr als ein dutzend Personen in den Dschihad nach Syrien gezogen sein.