Die Propaganda-Abteilung des Islamischen Staates (IS) hat eine neue Ausgabe des "Dabiq"-Magazin herausgebracht. In jeder bisher veröffentlichten Version wurden IS-Kämpfer aus unterschiedlichen Ländern porträtiert. Auch Deutsche, darunter die Zwillinge Kevin und Mark K. aus Castrop-Rauxel, waren darin als "Märtyrer" gefeiert worden. Nun hat erneut ein Deutscher einen prominenten Platz in dem Propagandaheft erhalten. Sein Name: Abu Jafar al-Almani. Nach Informationen von "Erasmus Monitor" handelt es sich dabei um den Dinslakener Hassan D.
Seltene Ehre
"Abu Jafar" sei sehr beliebt unter den Brüdern gewesen. Er sei stets freundlich und hilfsbereit gewesen, hätte immer ein Lächeln für seine Brüder übrig gehabt.": Mit diesem Satz wird der deutsche Kämpfer "Abu Jafar al-Almani" in der neuen Ausgabe des "Dabiq"-Magazins vorgestellt. Bilder in dem Artikel zeigen einen breitschultrigen Mann mit langen braunen Haaren.
Auf einem Foto sieht man ihn neben Pferden stehen. Eine andere Aufnahme zeigt ihn lächelnd auf einer staubigen Straße mit einem Gewehr über der Schulter. Auf einem dritten Bild posiert er mit einem anderen Mann auf einer Treppe eines Hauseingangs für die Kamera.
Nach Bildanalysen von "Erasmus Monitor" handelt es sich bei Abu Jafar al-Almani offenkundig um den Dinslakener Hassan D., der im Januar dieses Jahres bei Kämpfen um die kurdische Stadt Kobane durch einen US-Luftschlag getötet wurde. Auch der Mann neben ihm ist kein Unbekannter: Mustafa K. erlangte im Februar 2014 traurige Berühmtheit, als Fotos von ihm im Internet kursierten, die ihn mit abgeschlagenen Köpfen in der syrischen Grenzstadt Azaz zeigten. Auch er starb Ende letzten Jahres.
Hassan D. und Mustafa K. waren langjährige Freunde, gehörten beide der sogenannten "Lohberger Gruppe" aus Dinslaken an, deren Mitglieder sich in mehreren Ausreisewellen dem Dschihad in Syrien angeschlossen hatten. Viele der damals Mitgereisten, darunter auch Marcel L. und Philip B., starben in Syrien und Irak.
Geschönte Lebensgeschichte
Im Artikel von "Dabiq" wird berichtet, dass "Abu Jafar" in einem kriminellen und korrupten Milieu aufgewachsen wäre. Als gebürtiger Muslim soll er sich intensiv mit bekannten Dschihadisten aus dem Kaukasus wie Ibn al-Chattab beschäftigt haben. "Als Jugendlicher war er bei der Dawa von Nachbarskindern sehr aktiv und machte schon in jungen Jahren seine Hajj (Reise nach Mekka, Anm. d. A.) [...]". Deswegen soll er auch den Spitznamen "Hajj" von seinem Umfeld erhalten haben.
Laut "Dabiq" sei D. während seines Maschinenbaustudiums aufgrund der Unterdrückung der Sunniten durch die Alawiten in Syrien tief erschüttert gewesen, sodass er sein Studium abgebrochen und dorthin gereist sein soll. Vor Ort soll er sich wie seine Kameraden Mustafa K. und Marcel L. vor der Ausrufung des IS der Rebellengruppe "Majlis Shura al-Mujahidin" angeschlossen haben. Die Gruppe operierte zwischen 2012 und 2014 vor allem im Raum Aleppo und wurde durch die Brüder und al-Qaeda-Veteranen Firas und Amr al-Absi angeführt. Beide waren neben Jabhat al-Nusra-Anführer Muahammad al-Jolani Abgesandte von IS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi in Syrien.
V. l. n. r.: Mustafa K., Yasin T., Hassan D., Marcel L., Philip B. |
Hassan D. hatte sich laut dem IS-Magazin als Mitglied dieser Gruppe an den Kämpfen gegen die syrische Armee in den westlich von Aleppo gelegenen Städten Khan Thuman, Layramoon und Kafr Hamra beteiligt. In Ard Bayn as-Sikak, im Süden der ehemaligen Wirtschaftsmetropole, soll D. schließlich einem deutschen Kampfgefährten namens "Abu Zakariyya" das Leben gerettet haben. Auch dieser ist mittlerweile namentlich bekannt: Es handelt sich sehr wahrscheinlich um den aus Zeitz/Sachsen stammenden Martin L.
Im Januar 2014 habe sich D. schließlich wie auch die al-Absi-Gruppe dem IS offiziell angeschlossen und sich an den Kämpfen gegen die Rebellengruppe von Khaled Hayani im Aleppiner Vorort Haritan beteiligt. Die Gruppe verbreitete dort wie der IS mit ihren Entführungen, Diebstählen und Exekutionen lange Zeit Angst und Schrecken in der Bevölkerung.
Kobane als Friedhof deutscher Dschihadisten
Schließlich kämpften die Dinslakener auch in der nordsyrischen Grenzstadt Azaz. In dieser Zeit enstanden wohl die grausamen Aufnahmen von Mustafa K. Von Azaz soll sich D. laut "Dabiq" weiter nach al-Bab durchgekämpft haben. Heute ist die Stadt eine Hochburg des IS, in deren Umkreis sich nach wie vor zahlreiche deutsche Kämpfer aufhalten.
Über Raqqa und Deir Ezzor soll Hassan D. schließlich nach Kobane gekommen sein. Dort soll er zunächst bei Kämpfen gegen die YPG in einem Haus verschüttet, einige Tage später dann durch einen US-Luftangriff getötet worden sein.
Der Totenkult um getötete IS-Kämpfer ist ein wichtiger Faktor in der IS-Propaganda. Besonders die charismatischen Persönlichkeiten werden als Helden inszeniert, ihr Lebensweg als geradlinig und besonders fromm verklärt. Sowohl Kämpfern als auch potenziellen Rekruten soll damit das Gefühl der Einzigartigkeit vermittelt werden. Die Bereitschaft, den selben aufopfernden Weg ihrer "Helden" zu gehen, soll damit verstärkt werden.